Völlig losgelöst von jeglichen Erwartungen

CD-Kritik: Die Fantastischen Vier - Rekord
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Sie sind wie ein liebgewonnener alter Bekannter, der einen fast das ganze Leben begleitet hat. 25 Jahre ist es her, dass vier Stuttgarter die Hitparaden kräftig unsicher gemacht haben. «Die da» war damals Programm, die Fantastischen Vier haben sich an die Speerspitze der deutschsprachigen Musik katapultiert und sind seit 2,5 Dekaden dort geblieben. Bevor sie auf Jubiläumstour gehen, haben Smudo, Thomas D., Hausmarke und And. Ypsilon schnell ein neues Album auf den Markt gebracht. Doch ein Schnellschuss ist die Scheibe keineswegs. Wie klingen Fanta 4 nach 25 Jahren im Business?

 

Das ist klar die Frage, bei «Rekord», wie die Platte heisst. Schon beim ersten Durchgang wird klar, dass die Vier noch immer ein bestechend gutes Händchen für Beats haben. Das Tempo stimmt, die Grundbeats zünden immer, mal schleppend und mal gehörig auf das Gaspedal drückend, und die Selbstironie, mit der die Fantas schon lange umzugehen verstehen, ist überall, aber nicht immer leicht zu erkennen. Es gibt Songs wie  «Disco», die ganz klar eine Aussage haben und die diese direkt und fadengrad transportieren. Für den Song haben sich Fanta 4 Miss Platnum als Gast eingeladen und zusammen mit der für Balkansound berühmten Sängerin entführen sie in die Tanztempel und der Song ist durchaus tanzbar. Bei «Gott ist mein Zeuge» zum Schluss der Platte wird Thomas D., der den Song singt, nachdenklich und zitiert sich – gewollt oder ungewollt – ein bisschen selbst, denn der Songs erinnert an seine Solosingle «Liebeslied». 

 

Textliches Ballspiel

 

Besonders toll sind die Zitate an die halbe Musikgeschichte, die clever in die Songs eingebaut sind. Während auf der Musikebene so ein herrliches Mosaik entsteht, funktionieren auf textlicher Ebene einerseits die feinen Kritiken an der aktuellen Zeit und andererseits die Sprachspiele für die die vier Stuttgarter bekannt sind. So wird nach Herzenslust reflektiert. In Songs wie «Gegen jede Vernunft» geht es um die Kunstszene und damit um das, was sie selbst seit 25 Jahren tun. Nachdenklich wird es bei «Wie geliebt», das von einer unerfüllten Liebe erzählt. Vielleicht eine innoffizielle Verknüpfung zu «Sie ist weg». Man weiss es nicht und genau das ist ja das Schöne bei den Fantastischen Vier, sie lassen bewusst Raum zur Interpretation. Ihr Gespür für Doppelbedeutungen zelebrieren die Fantas in «Single», wo sie einerseits von der Single im musikalischen Sinn sprechen, aber gleichzeitig auch die menschlichen Singles meinen. Clever Komponiert und nur eines von diversen Highlight auf der CD

 

Es ist wunderbar, wie die Fantastischen Vier auch nach 25 Jahren noch jung und frisch klingen und sich gegenseitig die textlichen Bälle zuspielen. Was aber ständig mitschwingt, ist der Eindruck, dass sie ihre Musik gelassen nehmen, sich ausprobieren und experimentieren, aber dabei ist kein bisschen von Druck zu spüren, nach einen Vierteljahrhundert noch zeitgenössisch zu sein. Das interesssiert die Fantastischen Vier irgendwie schlicht nicht. Sie machen ihr Ding und das funktioniert immer noch wunderbar. «Rekord» ist ein Album, das man sich ruhig zum 25. Geburtstag selbst schenken darf und das völlig losgelöst von irgendwelchen Erwartungen einfach nur Spass macht. 

 

Die Fantastischen Vier - «25 (feat. Don Snow aka Jonn Savannah)»

 

  • Band: Die Fantastischen Vier
  • Album: Rekord
  • Verkaufsstart: Im Handel erhältlich
  • Live: 14. Januar 2015 im Hallenstadion
Patrick Holenstein / Mi, 29. Okt 2014